Fotografie – klassisch & Collagen

„Angels“

Jede Stadt braucht ihren Engel

Während eines Aufenthalts 2011 in New York City entstand mein erster „Angel“ – der „NYC-Angel“. Diese Arbeit ist eine großformatige und 5-teilige Fotocollage, die Abmessungen liegen bei ca. 2,5 auf 2 Meter. Das Ergebnis dieser Fotokunst-Arbeit führte zu der Idee daraus eine Serie zu entwickeln.

Der verbindende Ansatz meiner „Angels“:
Alle bisherigen Collagen weisen 3 Merkmale auf:
> Natürlich eine Engelsskulptur der jeweiligen Stadt
> Mindestens einen Vogel
> Und Architekturausschnitte der Stadt

Meine Engel haben keinen religiösen Hintergrund, sondern sollen vielmehr Schutz, Ruhe und monumentale Beständigkeit transportieren. Sie vereinen für mich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Jeder Betrachter ist aufgefordert, seine eigenen Emotionen dazu zu erleben, zu fühlen. Der Vogel, der bei meinen Arbeiten nicht fehlen darf – und im Übrigen nicht montiert wurde sondern im Moment der Fotografie tatsächlich da war – verkörpert für mein Empfinden einerseits selbst einen „kleine Engel“ und auch einen Gast der auf die guten Charaktereigenschaften dieses Engels vertrauen kann, sich ihm annähert und – da er jederzeit wieder wegfliegen kann – die Freiheit verkörpert. Die Architekturaufnahmen sorgen für die Wiedererkennung einer Stadt.

Auszug einer Laudatio der Kunsthistorikerin M.A. Tanja Solombrino:


Diesen steigert die Künstlerin dann in ihrem „Pforzheim Angel“, indem sie mit Hilfe der unterschiedlichen symbolbeladenen Versatzstücke narrative Elemente in die Fotocollage einbringt.

Hier setzt sich Ruth Kasper intensiv mit der Stadt, die für sie und ihre Familie zum Lebensmittelpunkt geworden ist, auseinander. Vergangenheit, Gegenwart und ein Ausblick auf die Zukunft Pforzheims sind in dieser dreiteiligen Arbeit verborgen.
Der Posaunenengel, der in der christlichen Ikonografie häufig in Darstellungen der Apokalypse in Erscheinung tritt, erhebt sich hier wie Phönix aus dem Dunkel der zerstörten Stadt. Er setzt sich dem durch den Bombenhagel verursachten Feuersturm entgegen, dem ein Großteil der Stadt im Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel, und dessen feuerroter Lichtschein auf der linken Seite der Fotocollage seine Spuren hinterlassen zu haben scheint. Der Engel, den Ruth Kasper hier als Beschützer und Symbol für die Auferstehung der Stadt inszeniert, weist dem Betrachter den Weg über die Brücke zum Neuen Rathaus, das aus stadtplanerischer Sicht der Nachkriegsjahre den Endpunkt des Wiederaufbaus von Pforzheim markierte.

Die sich in der Engelsfigur spiegelnden Gebäudefragmente, die zur Zeit ihrer Entstehung in den 50er Jahren als Symbol für den Aufbruch in eine neue Zeit verstanden wurden, können ebenso wie die popartfarbigen Ausschnitte einer Litfaßsäule oder der moderne Bau der Stadtbibliothek als Hinweis auf das lebendige und junge Wesen der Stadt gesehen werden.

Der über dem Gebäude in den Himmel fliegende Vogel darf auch hier, wie in den anderen Arbeiten der Serie, als ein Symbol für Unabhängigkeit und Freiheit gedeutet werden. Auch wenn Ruth Kaspers „Pforzheim Angel“ mit zahlreichen, für die Künstlerin selbst bedeutsamen Inhalten versetzt ist, so ist es ihr dennoch wichtig, dass ihre Fotocollagen auch bei Nichteingeweihten Emotionen hervorrufen.
Durch die Verwendung bewusst für die Collagen ausgewählter, elementarer Versatzstücke, die sie auf ästhetisch-spannungsreiche und zugleich überraschende Art und Weise montiert, schafft Ruth Kasper fotografische Arbeiten, die den Betrachter in ihren Bann ziehen. Und so bleibt zu hoffen, dass ihr in einer anderen Stadt bald ein Engel begegnet, der sie dazu inspiriert, die „Angel“ Serie zu erweitern. …“

Tanja Solombrino
Kunsthistorikerin M.A.
Mai 2017

Vienna-Angel - Fotokunst Kunstfotografie Ruth Kasper Stuttgart Karlsruhe Pforzheim